Manchmal nehmen die kleinsten Dinge den größten Platz in unserem Herzen ein…
Winnie Puh
Sinn oder Unsinn von Welpengruppen
Meine Erfahrungen mit Welpengruppen
Meine Bordercolliehündin Lucca war mein erster Hund und ich bekam Sie im Alter von 10 Wochen. Um alles richtig zu machen, hatte ich im Vorfeld jede Menge Erziehungsbücher gelesen und glaubte, dass ein Welpe für seine Sozialisierung unbedingt eine Welpengruppe bräuchte, um sich gut zu entwickeln.
Meine Hundetrainerin damals bot keine Welpengruppen an. Sie erklärte mir, dass das auch nicht notwendig sei, wenn der Welpe Kontakt zu gut sozialisierten älteren Hunden hätte.
Doch in den Büchern hatte ich was anderes gelesen und ich wollte ja unbedingt alles richtig machen. Also versuchte ich, gegen ihren Rat, eine passende Welpengruppe zu finden.
Mein Hund wollte nicht spielen!
Erste Station war eine Hundeschule, die für die Welpen eine Art Abenteuerspielplatz gebaut hatte. Ca. zehn Welpen verschiedener Rassen und Größe tobten durch Tunnel, sausten zwischen Sandhaufen auf und ab und probierten Wippen aus. Lucca zeigte kein großes Interesse, weder an den Abenteuermöglichkeiten noch an den anderen Welpen. Sie hielt sich am Rand und beobachtete das Geschehen. Ich versuchte mehrfach, sie zu animieren, mitzumachen, aber mein Hund wollte nicht spielen.
Lucca wollte schnell wieder weg!
Das war dann eben die falsche Gruppe, dachte ich und machte mich wieder auf die Suche. Dabei wurde mir eine Gruppe empfohlen, die sich unter der Anleitung eines Hundetrainers mitten im Wald auf einer Kreuzung traf. Mindestens 20 Welpen aller Rassen sausten um uns herum. Es war das reinste Chaos. Lucca flüchtete sich zwischen meine Beine und war wie erstarrt. Ich sah ihr an, dass sie Angst hatte und sie nur eines wollte: schnell wieder weg. Ich blieb eine Weile, weil ich hoffte, dass sie sich gewöhnen würde, aber das tat sie nicht. Wieder trat ich den Rückzug an.
Hatte ich einen verhaltensgestörten Welpen?
Nächster Versuch war eine Welpengruppe in einem Hundeverein. Doch da war es noch schlimmer. Hier knurrte Lucca alle Hunde an, die ihr zu nahe kamen Auch eine erwachsene Hündin, die sich für sie interessierte wurde weggejagt. Ich war mir jetzt sicher, einen verhaltensgestörten Hund zu haben und verließ resigniert das Gelände.
Meine Hundetrainerin tröstete mich. Es gäbe eben, wie bei Menschen auch, verschiedene Persönlichkeiten. Die einen wären extrovertiert, wollten mehr Kontakt zu Menschen, die anderen kämen mit weniger Kontakt aus.
Ich war frustriert, denn ich wollte keinen introvertierten Welpen. Ich hatte mir ausgemalt, wie Lucca fröhlich mit anderen Welpen spielen würde und viele Hunde-Freunde hatte. Ich nahm es Lucca übel, dass sie mir diese Freude nicht machte und insgeheim empfand ich sie als Spielverderberin.
Ich gab aber den Versuch auf, eine Welpengruppe zu finden und stieß durch Zufall auf eine Hundebesitzerin die einen Welpen im Alter von Lucca hatten. Und siehe da: Mit diesem einen Welpen kam Lucca prima klar. Wir trafen uns regelmäßig zum Spaziergang und hatten so unsere private Welpen-Kleingruppe.
Nachteile von Welpengruppen
Heute bin ich selbst Hundetrainerin und biete Welpengruppen an. Ich weiß jetzt, warum sich Lucca damals nicht wohlgefühlt hatte und aus Erfahrung kann ich sagen: Welpengruppen sind mit Abstand die schwierigste Gruppe, die man als Hundetrainer haben kann.
Warum? Die Welpen wurden von ihren Geschwistern und ihrer Mutter getrennt. Jetzt treffen sie einmal in der Woche auf eine Gruppe von Gleichaltrigen. Und natürlich ist die Aufregung dann riesig. Und zwar viel größer, als sie es wäre, hätten die Welpen noch ihre Geschwister um sich.
Die Geschwister eines Wurfs sind bis zu ihrer Abgabe an ihre Menschenfamilie ständig zusammen. Jeder kennt jeden. Und will einer nicht spielen, kann er sich zurückziehen, ohne dass er bedrängt wird. Der Welpe, der spielen will, sucht sich einfach einen anderen Spielkameraden. Da sie sich immer haben, sind auch die Spiele nicht so lang und nicht so heftig. Oft sind es nur ein paar Minuten, dann wird wieder geschlafen.
Wenn Welpen mit ihren Geschwistern raufen, treffen sie auf Gleichaltrige, die mit kleinen Unterschieden gleich groß und gleich schwer sind und alle sind exakt gleich alt. Keiner trifft hier auf einen, der sich nicht wehren kann. Und ist doch mal einer dabei einen anderen zu unterdrücken und die Sache artet aus, ist die Mutter da, die den Raufbold in die Schranken weist.
Welpen lernen untereinander, dass auch mal ein Geschwister beißt, wenn es zu wild bedrängt wird. So lernen sie sich untereinander kennen und respektieren die Drohgesten der Mutter und auch der Geschwister. Wenn einer nicht mehr will, zeigt er das und man lässt ihn in Ruhe.
Wie sieht das in einer Welpengruppe aus?
In der ersten Woche treffen oft Welpen im Alter zwischen 9 und 12 Wochen aufeinander. Es sind oft Welpen verschiedener Rassen. Lässt man diese Hund ungebremst zusammen kann es zu traumatischen Begegnungen kommen, vor allem für die Kleineren, Jüngeren und Schwächeren.
Was aber lernen Welpen, wenn hier nicht regulierend eingegriffen wird? Nichts Gutes. Die Starken lernen, dass sie die Schwächeren unterdrücken können und die Schwächeren lernen, dass sie unterdrückt werden und dass ihnen keiner hilft.
In der Welpengruppe, die sich einmal die Woche trifft, werden Drohgesten oft ignoriert, weil die Welpen viel zu überdreht sind, um darauf Rücksicht zu nehmen. Und wenn ein kleiner Welpe nicht mehr will, wird das von einem größeren auch gern ignoriert, weil es einfach sehr viel Spass macht, stärker und schneller zu sein und einen Schwächeren niederzumachen.
Welpengruppen können das Schlechteste in unseren Welpen fördern.
Sozialisierung bedeutet das Erlernen bestimmter sozialer Spielregeln. Aber Welpen sind von sich aus nicht unbedingt sozial. Sie nutzen, wie Kinder, die Schwäche von anderen zu ihrem Vorteil aus. Das bedeutet nicht, dass sie einen schlechten Charakter haben, sondern nur, dass sie noch lernen müssen, ihr Temperament zu zügeln und behutsam mit anderen umzugehen.
Als Hundetrainerin leite ich die Menschen in der Gruppe an, einzugreifen, wenn es zu wild wird. Aber hilft man den Schwächeren ist man schnell an dem Punkt, wo man manche Welpen eigentlich gar nicht mehr spielen lassen kann, weil sie nämlich nicht spielen, sondern andere niederwalzen. Und das ist der Knackpunkt.
Man muss also als Trainer ständig aufpassen, dass nichts passiert. Wenn man Glück hat, hat man einen erwachsenen Hund dabei, den man in die Gruppe schicken kann und der die Welpen trennt, wenn sie zu wild raufen. Ich versuche deshalb im Vorfeld schon mal die großen Rassen von den kleinen zu trennen.
Pausen und Ruheübungen
In meinen Welpengruppen mache ich deshalb auch viele Pausen und Ruheübungen. Die Pausen nutzen wir für kleine Übungen und die Beantwortung von Fragen, die die Teilnehmer haben. Aber auch das hat seine Schattenseiten, denn die Welpen müssen dann auf einer Decke zur Ruhe kommen und sind dabei an der Leine. Viele legen sich dann auch irgendwann hin, weil sie müde sind. Aber manche eben auch nicht. Manche Welpen finden es unerhört, dass wir sie so beschränken. Und damit erzeuge ich schon beim Welpen einen enormen Frust und bringe ihm auch noch das Kämpfen bei. Und einem Welpen auf diese Weise Frustrationstoleranz beizubringen halte ich nicht für förderlich. Denn er versteht überhaupt nicht, was das soll und das beschädigt eher die Beziehung zu uns.
Für manche Welpen ist eine Gruppe eine Überforderung!
Ich biete Welpengruppen an, ja, aber ich erlaube mir manche Welpen auch wieder rauszunehmen, wenn ich sehe, dass es für den Welpen nur Aufregung bedeutet, er nicht zur Ruhe kommen kann und auch das Spiel für ihn nicht schön ist, weil er dabei zu sehr überdreht. Diese Welpen sind im Einzeltraining besser aufgehoben. Sie verkraften einzelne Hundebegegnungen mit erwachsenen Hunden auf dem Spaziergang meist sehr gut und lernen, in Ruhe mit fremden Hunden umzugehen.
Also achtet auf eure Hunde, wenn ihr eine Welpengruppe besucht. Und wenn ihr merkt, dass euer Hund bei jedem Besuch immer in einem hohen Erregungslevel ist, sich nicht beruhigen kann, dann nehmt ihn raus und beendet die Gruppe. Und auch wenn ihr schon bezahlt habt, tut eurem Hund das nicht an. Ein fairer Hundetrainer wird euch in diesem Fall auch euer Geld zurückerstatten.
Euer Hund kann sich trotzdem sehr gut entwickeln, wenn ihr ihm statt einer überfordernden Gruppe Kontakt mit gut sozialisierten älteren Hunden bietet.
Ich persönlich habe keinen meiner Welpen mit einer Welpengruppe großgezogen. Trotzdem waren alle fein im Umgang mit anderen und haben sich zu entspannten Hunden entwickelt.
Falls Du keine Zeit für eine Welpengruppe oder ein Einzeltraining hast, findest du in meinem Onlinekurs Welpentraining eine schöne Alternative, die Dir hilft, Deinen Welpen zu erziehen.